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Schulgesetz: Vorschlag 3

Ein kurzer Satz, der Aufschluss darüber gibt, WIEVIEL die "Rettung kleiner Grundschulen" dem Bildungsministerium oder dem Kabinett wert ist.

„Durch die Bildung des Grundschulverbundes darf kein zusätzlicher Lehrkräftebedarf entstehen.“

Kritik: Dieser Satz hat in einem Schulgesetz nichts zu suchen, da er  zusammenhangslos im Raume steht, und als Totschlagargument des Landesschulamtes oder der obersten Schulbehörde jederzeit gegen Schulverbünde oder aber FÜR weitere Schulschließungen eingesetzt werden kann. Er lässt auch den Verdacht aufkommen, dass die wirkliche Triebfeder des Bildungsministeriums NICHT “Rettung von Schulen im ländlichen Raum” ist, sondern hier ein weiteres Sparmobil zur Einsparung von Lehrkräften zum Nulltarif auf den Weg gebracht werden soll, allenfalls ein Hebel für perspektivisch weitere Schulschließungen installiert wird. Denn sicherlich werden "Fachleute" aus dem Finanzbereich wenige Jahre später einäugig feststellen, dass ein Zusammenlegen von Haupt- und Nebenstelle finanziell attraktiver sei.... Damit erweist man jedoch Lehrkräften und Kindern einen Bärendienst und betreibt weiteren Qualitätsabbau in der Bildungslandschaft. Deswegen steht hier die Kritik im Zentrum:

Gleichbehandlung? Wo?
  • Mindestschülerzahlen von Grundschulen betragen 60 Kinder im Jahrgangsunterricht. Zur Erinnerung: Eigentlich wollte man diesen Wert in diesem Schuljahr laut ursprünglicher SEPL-VO2014 auf 80 erhöhen, hat dann angesichts massiver Proteste und rechtlicher Unsicherheiten darauf verzichtet. Es bleibt bei 60 Kindern. Das macht also bei 4 Klassen "ab" durchschnittlich 15 Kindern/Klasse.
  • Im Gegensatz dazu verlangt man von den “Teilstandorten” mit  jahrgangsdurchmischten  Klassen Mindestschülerzahl 40!. Bei zwei Klassen wären das "ab" durchschnittlich 20 Kindern/Klasse. Lehrkräfte unterrichten also nicht nur unter anspruchsvolleren Bedingungen, sondern auch noch mit größeren Klassen. Das alles zum Nulltarif. Sowas ist Unfug!
  • Legen wir diese Vorgabe auf die Jahrgangsklassen um, bewegen wir uns über die Hintertüre wieder auf Mindestgröße 80 für Grundschulen zu.
  • Ein weiterer Hinweis auf diesen abzusehenden Schritt ist die neue Richtgröße 22 bezüglich schülerbezogener Lehrerstundenzuweisung. Eine Schule, welche nur 70 Schüler im Jahrgangsklassensystem hat, ist lehrerstundenmäßig unterversorgt. Also klarer Kandidat für Grundschulverbund? Die Möglichkeit, 4 Klassen auf drei Lehrkräfte aufzuteilen, ist als Einzelstandort offiziell nicht gegeben. Da gilt unverändert:
(6) Die Grundschule hat wenigstens einen Zug. Die Schulbehörde kann Ausnahmen im Interesse eines wohnortnahen Schulangebots zulassen.

  • Von diesen überall auftauchenden Ausnahmen möchten wir einfach nichts mehr hören. Sie öffnen der Willkür Tür und Tor und haben vor allem vor Kommunal- und Landtagswahlen als Stimmenfang-Instrument Hochkonjunktur. Siehe Schulverbund!


Jetzt noch zum Geschmäckle dieser „keine zusätzlichen Lehrkräfte“ Forderung:

Vor vier Jahren hat das Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort an Praxisbeispielen vorgerechnet, in welchem Maße mit jahrgangsdurchmischter Klassenbildung in kleineren Schulen Standorte und Schulqualität gehalten und Personal-Ressourcen geschont werden können. Eine Organisationsform, welche heute 1:1 auf unsere Schulen im ländlichen Raum umgelegt werden kann.
JETZT kommt ein Schritt in diese Richtung, jedoch in Form von Entmündigung der Standorte, verknüpft mit einem fragwürdigen Trick, den wir schon aus der Unterrichtsversorgung 2017/18 kennen, wo man mit einem Federstrich rund 7% Unterrichtsstunden wegnimmt und neu als 100% zu versorgender Unterricht definiert hat. Nun dasselbe Spiel mit den kleinen Schulen: Man nehme 4 Klassen, mache daraus zwei, behandle diese als Normalklassen und das ist die neue Norm. Darauf kein zusätzlicher Lehrerstundenbedarf? Keine Zusatzentschädigung für Lehrkräfte, welche Unterricht in Kombi-Klassen erteilen?  Natürlich kriegen Kombi-Klassen genau so wie Inklusions- oder Integrationsklassen einen Stundenzuschlag von z.B. 4 Wochenstunden.

Das Konzept sowie Weiterbildungsangebote für Kombiklassenunterricht haben NICHT die Lehrkräfte sondern das Bildungsministerium und die Lehrerbildungsstätten vorzulegen, falls es das noch nicht geben sollte!!! Oder gedenkt man, aus Spargründen auch darauf zu verzichten? So nach dem Motto: Nun macht mal!


Der Klarheit halber wäre folgender Text vorstellbar:
Jeder Schulstandort des Schulverbundes hat das Anrecht auf die schülerbezogenen Lehrerstundenzuweisung nach dem Schlüssel des Bildungsministeriums. Schulstandorte mit Kombi-Klassen erhalten einen zusätzlichen Lehrerstundenbonus von 4 Wochenstunden für Unterrichtsdifferenzierung.

Begründung: Wir erklären das seit Jahren, leider ohne Erfolg. Grundschulen im ländlichen Raum im Netz halten, indem jahrgangsübergreifende Klassenbildung ermöglicht wird, bedeutet unter gesamtwirtschaftlicher Betrachtungsweise einen klaren Gewinn. Wir würden uns wünschen, dass diesbezüglich Ministerien übergreifend endlich Einsicht und Einigkeit erzielt wird. Denn:
Die schülerbezogene Lehrerzuweisung lässt Schulen problemlos schrumpfen oder wachsen, sofern vom Gesetzgeber keine Einschränkungen bezüglich Klassenzügigkeit und Mindestschülerzahlen zur Bildung von Anfangsklassen usw. erlassen werden. Wenn aber WEGEN der Schließung kleiner Schulen der aufnehmende Schulstandort seine Zügigkeit erhöhen muss, weil die Klassen platzen, immer mehr Kinder Fahrschüler werden, dann geht das richtig ins Geld! Das haben die vergangenen Jahre gezeigt.

Schülerbezogenen Lehrerstundenzuweisung für die einzelnen Standorte bringt die benötigten Klassenlehrkräfte und Grundversorgung. Der weitere Fachlehrer- Personal – und Vertretungspool läuft sinnvollerweise über das einzurichtende Rektorat und dann muss die Frage nach dem Einsatz der Pädagogischen Mitarbeiter und sonstigen Kräfte auf den Tisch. WER hat grundsätzlichen Anspruch worauf (Sockelausstattung pro Schuleinheit)?

Im nächsten und letzten Beitrag werfen wir einen Blick auf die Zukunft DER Schulen, welche im Zuge von STARKIII-Förderprojekten laut Demografie-Check zu schließen sind, damit die Gemeinde das Förderprojekt überhaupt an Land ziehen konnte. DAS ist zugleich der Lackmustest für den Willen dieser Landesregierung, Landschulen mittels Schulverbünden nachhaltig am Schulnetz zu belassen.

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