Das Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort kritisiert seit 2013 die Planungsgrundlagen von SEPL-VO2014 und STARKIII für den ländlichen Raum. Zu hohe Mindestschülerzahlen, in der Fläche nicht umsetzbar. SEPL-VO2014 wurde dann im Dezember 2014 korrigiert, während STARKIII auch im ELER-Programm auf mindestens 100 Schülern im normal besiedelten Raum verblieb. Nicht umsetzbar und nun kommt die Bestätigung:
Wieder gummige Ausnahmeartikel
In der Arbeitsfassung der neuen Verordnung wird diese Problematik wie folgt gelöst.
Wir stecken im Jahre 2016. Der Demografie-Check umfasst die Jahre 2018-2033. Bereits ab 2025 sieht der Gesetzgeber also, dass sich die Checks vielerorts nicht werden halten lassen und sieht ein Abweichen von den Mindestschülerzahlen vor. Natürlich unter Bedingungen und diese haben es in sich:
a) Hier wird von "in den Linienverkehr integrierte Schülerbeförderung" gesprochen. Der Beobachter reibt sich jetzt verwundert die Augen. Ist das ein neuer Standard? Fahren nicht Dutzende von Bussen/Landkreis ausschließlich für den Schülerverkehr, weil bereits jetzt eine Fahrt mit dem Linienbus die zuläßige Fahrzeit klar überschreiten würde? Was ist denn mit all den Bussen, welche zwischen 9 Uhr und 12:30 in den Depots stehen und dann präzise zum Schulschluß ausfahren, um kurz nach 16 Uhr wieder dort einzutreffen?
b) Da haben wir nun die Demaskierung dessen, was im Zuge der Gemeindegebietsreform den damaligen Gemeinden versprochen wurde. Angekündigt als Verwaltungsreform, selbstverständlich "keine Anpassung der ortsnahen Schul- und Betreuungsinfrastrukturen". Verweis auf SEPL-VO2008, welche diesen Gemeinden Bestandsschutz auch für kleine Schulen garantiert. Eine große Lüge, hier ist er, der Text, den man den damaligen Bürgermeistern unter die Nase gehalten hat:
DAS war die Grundlage, auf welcher über 600 selbstständige Kommunen 2010 in diese Gemeindegebietsreform getrieben wurden.
Jetzt die ganz große Nummer
Was oben unter b) definiert wird, ist die Herstellung des schulplanerischen Zustandes VOR der Gemeindegebietsreform. Jede Verbands- Einheitsgemeinde hat das Recht auf mindestens eine Grundschule. Man merke sich den Unterschied. Durchschnittliche Gemeindegebietsfläche VOR der Gemeindegebietsreform 23,06 km2, NACH der Reform 93,8 km2 . Bundesweit Spitze!
Das bedeutet nämlich, dass nun das Schulnetz tatsächlich gewaltig gestrafft werden kann, sofern Demografie-Check und Mindestschülerzahlen hoch genug angesetzt sind. Wir können uns also rühmen, neben den flächenmäßig größten Gemeinden auch bald die weitesten Schulwege für Grundschüler anzubieten.
Und all das passiert auf dem Verordnungsweg, am Landtag vorbei!
Die Folgen sind offensichtlich:
- Stadt Mansfeld 140 km2 kriegt ihre Grundschule nur STARKIII-gefördert, wenn sie ihren zweiten Standort aufgibt und die Kinder vom gemeinsam mit Sangerhausen beschulten Grundschulstandort Wippra abzieht.
- Verbandsgemeinde Saale-Wipper 106 km2, bis 2014 gab es hier 4 Schulstandorte, dann wurde Plötzkau geschlossen. Das nun bewilligte ELER-STARKIII-Projekt sieht im Demografie-Check die Schließung der verbliebenen 2 Standorte in Giersleben und Alsleben vor, um mit deren Schülern den Standort Güsten zu sanieren. Schuleinzugsgebiet 106 km2! Bleibt ein Standort!
- Rechnet die STARKIII-Projekte in eurer Umgebung um. Resultat wird in den meisten Fällen sein: Bis 2028 Reduktion auf einen Schulstandort in den Einheitsgemeinden mit weniger als 10 000 Einwohnern..
- Die "in den Linienverkehr integrierte Schülerbeförderung" ist dann wieder Sache der Landkreise, welche ihre "Hausaufgaben" machen und vor allem zahlen müssen.
Dieser Eingriff in die gewachsenen Strukturen des ländlichen Raumes ist aus unserer Sicht unverantwortlich. Völlig quer in der Landschaft ist die Tatsache, dass diese Förderprojekte nicht nach regionalen Bedürfnissen, sondern nach der mutmaßlichen Energieersparnis der Objekte bewilligt werden. Von optimaler Standortplanung ist also auch keine Rede mehr!
So kommt es heraus, wenn man ein energetisches Sanierungs- und Wirtschaftsförderungsprogramm für Schulnetzplanung missbraucht. Unsere Kinder, Eltern und Landkreise bezahlen diesen Unsinn gleich mehrfach.
Wir nennen das Ding beim Namen: Volksvertreibung!
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