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Momentaufnahme: CDU erfindet Schule neu. Wahlkampfzückerchen oder Abkehr vom bisherigen Kurs?

Wir erinnern uns alle: Vor rund einem Monat brachte die CDU das Thema Aussenstellen/Schulverbund in die Medien. Folge war eine veritable Krise in der Regierungs-Koalition. Der Koalitions-Ausschuss trat zusammen und anschließend verkündete man einvernehmlich die Fortsetzung des eingeschlagenen Kurses. Also nichts mit Aussenstellen/Schulverbünden. 

Um so mehr erstaunt nun die neueste Ausgabe der "Einblicke". Hier positioniert sich die CDU 5 Wochen vor den Kommunalwahlen erneut mit "Lösungen", welche innerhalb von Monaten und ab 2017 deutliche Korrekturen an der jetzigen SEPL-VO2014 und STARKIII, wir sagen jetzt mal, andeuten. Hier ist das Papier.  

Und hier unsere Stellungnahme zu einzelnen Punkten:
Wir haben in Sachsen-Anhalt eines der dichtesten Grundschulnetze aller Bundesländer. Zurzeit existieren 536 Grundschulen.
Wir hatten im Jahre 2013/14 laut Landesschulamt 493 öffentliche Grundschulen. Private Grundschulen spielen in dieser Diskussion höchstens insofern eine Rolle, als das Land auf den Gedanken kommen sollte, das öffentliche Grundschulnetz durch private Ersatz-Schulen zu ersetzen. 
Bei Umsetzung von SEPL-VO2014 kriegen wir Schuleinzugsbezirke von bis zu 160 km2. Von dicht kann keine Rede sein!

Die Schüler-Lehrer-Relation liegt bei 1:11,5 und ist damit eine der niedrigsten aller Bundesländer.
Diese Schülerrelation entsteht auf Grund der Tatsache, dass wir einen unverhältnismäßig hohen Anteil an Förderschulen haben und in die Berechnung nicht mehr im Schuldienst tätige, mit andern Aufgaben betraute ehemalige Lehrkräfte in die Statistik einfließen. Ohne diese beiden Faktoren liegen wir bereits heute auf einer Schülerrelation von ca. 1:17.

Wir behalten uns als CDU angesichts dieser Spielräume weiterhin vor, die bereits in der Öffentlichkeit diskutierten Gedanken über die Einführung von Schulverbünden als zusätzliches Instrument der Schulentwicklungsplanung fortzuentwickeln. Dies würde die 2. Phase der Schulentwicklungsplanung ab 1. August 2017 betreffen.
Das ist ja interessant. Seit einem Jahr schlägt Aktionsbündnis Schulverbund und Außenstellen vor. Ziel: Erhaltung kleiner Schulstandorte, altersdurchmischtes Lernen, Schulverbund etc. Manuskript unserer Anhörung vom 9.1.2014 vor dem Petitionsausschuss.  

CDU/SPD sind bis heute NICHT darauf eingegangen.  Nun also sollen 2017 solche Modelle kommen – nachdem rund 90 Schulen geschlossen sein werden! Nicht doch, liebe CDU, oder haben Sie Folgendes übersehen? Die Grundschulpläne sind verabschiedet, die bis 2017/18 zu schließenden Schulen sind in dieser Planung bereits perspektivisch in StarkIII eingearbeitet, die entsprechenden Projekte werden in den kommenden 18 Monaten eingereicht und bewilligt. 

Ob diese Gedanken dann im Rahmen einer neuen Planung für die Praxis relevant werden, wird auch von der dann vorherrschenden politischen Gesamtlage im Landtag abhängen.
Es kommen uns die Tränen. Die arme CDU (stärkste Fraktion im Landtag!) bricht mit ihrem Partner die Koalitionsvereinbarung 2011 (weitestgehender Erhalt des bestehenden Schulnetzes), weil offenbar die vorherrschende politische Gesamtlage im Landtag nichts Anderes zulässt. Wir halten fest: Diese CDU hat mit ihrer Abnickerei SEPL-VO2014 und STARKIII erst ermöglicht, ist also für das jetzige Desaster hauptverantwortlich!

In jedem Falle planen wir bereits in den kommenden Monaten eine Anpassung der Bestimmungen für das Schulsanierungsprogramm im Rahmen von STARK III an die Verordnung zur Schulentwicklungsplanung. Dadurch sollen auch Grundschulen mit nur 80 Schülerinnen und
Schülern in den Genuss von Sanierungsmitteln kommen können.
Dieser platte Satz lässt nur zwei Schlüsse zu: a) bewusste Desinformation oder b) Unkenntnis der Wirkung von StarkIII. (Letzteres können wir uns nicht vorstellen.)
Laut Demographie-Check STARKIII orientiert sich die Bestandesfähigkeit von derzeit 100 Schülern am Jahre 2029. Bei einer prognostizierten Abnahme der Schülerzahlen von rund 40% sollten diese Schulen also heute mind. 160 Schüler ausweisen, oder aber: Im Zeitraum 2020-25 müssen neben bisher geplanten ca. 90 Schulschließungen mindestens 40 weitere Schulen geschlossen werden.

Wird nun neu der Wert 80 gesetzt, brauchen also förderwürdige Schulen heute mindestens 130 Kinder, um 2025 nicht unter die 80-er Grenze zu fallen.
Der Wert 120-160 ist jedoch das absolut unwirtschaftlichste Lehrer-Schülerverhältnis aus der Sicht des Kultus- und Finanzministeriums, da damit zweizügige Schulen mit tiefen Klassenbeständen geführt werden. Genau mit diesem Argument werden derzeit Schulschließungen von Landschulen begründet.

Bei folgender Info kann es sich nur um einen Druckfehler handeln! 
Unser Ziel ist es, das enge Netz von Grundschulen auch weiterhin aufrecht zu erhalten. Nach konservativen Schätzungen wird es nach der Reform rund 500 Grundschulen in Sachsen-Anhalt geben.
493 öffentliche Schulen minus rund 40 zu schließende Schulen in den kommenden zwei Jahren = 453. Minus rund 60-80 Schulen 2017/18/19 = ca. 390 Schulen, welche übrig bleiben. DAS ist doch bereits im Schulentwicklungsplan beschlossen und darauf baut das Förderprogramm STARKIII auf. Und: Die CDU als stärkste Fraktion lässt das zu. Um aber die derzeitigen STARKIII-Vorgaben auch auf die geforderte Laufzeit von 15 Jahren einzuhalten, müssen 2020-25 mindestens 30 weitere Schulen dicht gemacht werden, ansonsten fallen viele der  geförderten Schulstandorte unter die 100 Schüler.
Zusätzlich werden mit dem schikanösen Erlass zur Bildung von Anfangsklassen (15/20 Kinder, sonst keine Bewilligung zur Eröffnung von Anfangsklassen, oder nur Ausnahmegenehmigung) weitere, bisher nicht eingeplante Schulschließungen im ländlichen Bereich erfolgen.
Klartext: Im ländlichen Raum werden als Folge der laufenden Umsetzung rund 40% aller Schulstandorte geschlossen. 

Aktionsbündnis Grundschulen vor Ort argumentiert seit nunmehr einem Jahr, sowohl SEPL-VO2014 wie die Rahmenbedingungen für STARKIII seien nicht umsetzbar. Seit September 2013 liegt unsere Petition vom 22.05.2013 ohne konkrete Stellungnahme in den Ausschüssen. 

Mit den Stimmen der CDU/SPD wurde ein im November eingereichter Antrag der Partei Die Linke auf ein Schulschließungsmoratorium selbst im März noch weiter im Ausschuss einbehalten. Der darauf folgende direkte Antrag wurde in der Landtagssitzung vom März  von CDU/SPD (mit einer Enthaltung) geschlossen abgelehnt.

Und jetzt tritt also die CDU vor den Wahlen mit Grundsatzpapieren  als Schulretter auf. Nur Propaganda? Dann ist es beschämend.

Ernsthafte Absicht? Erkannt, dass es „so“ nicht gehen wird? Könnte ja sein. Dann müssen Nägel mit Köpfen her und zwar sofort.

Liebe CDU, wenn Sie das, was Sie da propagieren, umsetzen wollen, dann bleibt Ihnen nur ein Weg offen. Landtag vom 15. Mai in Magdeburg: CDU fordert Schulschließungsmoratorium, um obige Wahlversprechen überhaupt umsetzen zu können. 
Sofortiger Stopp der Umsetzung von SEPL-VO2014, Neuregelung von STARKIII-Konditionen. Nur dann, liebe CDU, haben Sie überhaupt eine Chance, Ihre Wahlversprechen in Sachen Schulentwicklung einzulösen. 

Unterlassen Sie das, nehmen die Dinge ihren Gang, so, wie sie von den Landkreisen und Kommunen auf Grund der unrealistischen Planungsvorgaben der CDU/SPD Regierung verordnet wurden. "Das war ja alles „demokratische Entscheidungsfindung", sagt doch diese Regierung und dazu gehören Sie ja auch, nicht wahr?


Glaubwürdigkeit Ihrer Wahlversprechen beinhaltet den sofortigen Stopp der jetzigen Umsetzung von SEPL-VO2014 und STARKII. 

Daran werden wir Sie am 25. Mai 2014 UND 2016 erinnern.



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